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Facebook muss Grundrechte bei Löschung beachten

Hassposting - Facebook - Grundrechte
Facebook Hassposting Hassbotschaft

Facebook muss bei der Löschung von Postings die Grundrechte (mittelbare Drittwirkung) der Nutzer, konkret die Meinungsfreiheit, beachten. Regeln in den Nutzungsbedingungen wonach Inhalte gelöscht werden können, wenn Facebook der Ansicht ist, dass ein Regelverstoß vorliegt, stellt eine unangemessene Benachteiligung der Nutzer dar (nicht rk).

Sachverhalt: Posting von AfD-Politikerin auf Seite von Spiegel-Online auf Facebook gelöscht

Der zugrunde liegende Sachverhalt betraf ein Posting von Heike Themel, einer AfD-Politikerin in Bayern, auf der Facebook-Seite des Spiegel-Online und zwar bei einem Artikel mit der Überschrift "Österreich kündigt Grenzkontrollen an". Das Posting lautete wie folgt:

" ... Gar sehr verzwickt ist diese Welt, mich wundert's daß sie wem gefällt. Wilhelm Busch (1832 - 1908)

Wusste bereits Wilhelm Busch 1832 zu sagen:-D Ich kann mich argumentativ leider nicht mehr mit Ihnen messen, Sie sind unbewaffnet und das wäre nicht besonders fair von mir.

Die Mitteilung der Politikerin erfolgte im Zuge einer Debatte auf eben der genannten Seite, in der die Politikerin verbal angegriffen wurde. Ihr Kommentar richtete sich an jene Frau, die den verbalen Angriff geliked hatte. Facebook hat nachfolgend das Posting der AfD-Politikerin gelöscht, die dagegen vor dem Landgericht München gerichtlich vorgegangen ist. Dieses hat die beantragte einstweilige Verfügung abgewiesen. Die Beschwerde der Politikerin an das OLG München dagegen war erfolgreich.

Meinungsfreiheit verletzt

In der Begründung verwies das OLG München darauf, dass mit der Anmeldung auf Facebook ein Vertrag zwischen Nutzer und Facebook zustandegekommen ist. Mit der Löschung hat Facebook ihre Vertragspflicht verletzt, auf die Rechte der Politikerin, insbesondere deren Grundrecht auf Meinungsfreiheit, Rücksicht zu nehmen. Den Grundrechten komme insoweit eine mittelbare Drittwirkung zu, als das Grundgesetz in seinem Grundrechtsabschnitt zugleich Elemente objektiver Ordnung aufgerichtet habe, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts Geltung hätten, mithin auch das Privatrecht beeinflussen. In dieser Funktion zielten die Grundrechte nicht auf eine möglichst konsequente Minimierung von freiheitsbeschränkenden Eingriffen, sondern seien im Ausgleich gleichberechtigter Freiheit zu entfalten. Hierbei seien kollidierende Grundrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so zum Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam würden.

Auf eine Verletzung ihrer Gemeinschaftsstandards konnte Facebook die Löschung nicht stützen, da evident keine "Hassbotschaft" vorliegt.

kein Hassposting

Letzte Zweifel werden durch den abschließenden Satz der streitgegenständlichen Äußerung

"ich kann mich argumentativ leider nicht mehr mit ihnen messen, Sie sind unbewaffnet und das wäre nicht besonders fair von mir."

ausgeräumt. Damit bringt die Politikerin aus Sicht des maßgeblichen Lesers zum Ausdruck, dass sie auf die Eröffnung einer inhaltlichen Auseinandersetzung verzichtet, weil sie ihre Kritikerin nicht für „intellektuell satisfaktionsfähig“ hält. Diese sei „unbewaffnet“, was der Leser im Kontext dahin versteht, dass die Kritikerin ihre gegenteilige Auffassung nicht auf tragfähige Argumente stützen könne. Die abschließende Bemerkung, dass die Fortsetzung der Diskussion „nicht besonders fair“ wäre, erkennt der Leser als Betonung ihrer eigenen intellektuellen Überlegenheit durch die Antragstellerin.

Mit diesem Aussagegehalt kann die streitgegenständliche Äußerung evident nicht als „direkter Angriff auf Personen wegen ihrer Rasse, Ethnizität, nationalen Herkunft, religiösen Zugehörigkeit, sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität oder aufgrund von Behinderungen oder Krankheiten“ und damit als „Hassbotschaft“ im Sinne der Definition von Facebook gewertet werden.

Das Urteil des OLG München ist nichts rechtskräftig.

 

OLG München, Beschluss v. 24.08.2018 – 18 W 1294/18

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