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Ausgleichsanspruch für KFZ-Vertragshändler

Einem KFZ-Vertragshändler steht nach Händlervertrag-Beendigung ein Ausgleichsanspruch zu, soferne bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Basis dafür ist die Anwendung von Handelsvertreterrecht. Gerichte in Österreich entscheiden das seit beinahe 25 Jahren und es gibt keinen Grund zu zweifeln, das dies auch in Zukunft so bleibt.

Ausgleichsanspruch für Vertragshändler auf Basis von Handelsvertreterrecht

Dem KFZ-Vertragshändler steht nach Beendigung des Händlervertrages ein Ausgleichsanspruch gegen seinen Vertragspartner (in der Regel Importeur; aber auch etwa A-Händler) zu, soferne bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Basis dafür ist das Handelsvertreterrecht. Nach § 24 Handelsvertretergesetz steht dem Handelsvertreter nach Vertragsende ein Ausgleichsanspruch gegen den Geschäftsherrn zu. In Deutschland – wo es eine vergleichbare Rechtslage gibt – erhalten Vertragshändler, die naturgemäß keine Handelsvertreter sind, schon seit einer Entscheidung des BGH aus 1958, also seit mehr als 60 Jahren ihre Ausgleichsansprüche, die auf Handelsvertreterrecht gestützt werden. In Österreich dauerte es bis 1989, bis der Oberste Gerichtshof in Österreich dem ersten Vertragshändler (nicht aus dem KFZ-Bereich) einen auf das Handelsvertreterecht gestützten Ausgleichsanspruch zubilligte. Am 17.12.1997 wurde dem Kärntner Richard Teyrowsky als erstem österreichischen KFZ-Händler (Mazda) ein Betrag von ATS 552.036,46 aus dem Titel des Ausgleichsanspruches (gestützt auf Handelsvertreterrecht) zugesprochen (9 Ob 2065/96h). Diese Rechtsprechung gilt dem Grunde nach bis heute.

Voraussetzungen für den Ausgleichsanspruch für Autohändler

Damit der Vertragshändler einen Ausgleichsanspruch (analog eines Handelsvertreters) erhält, müssen nach der Rechtsprechung drei Voraussetzungen vorliegen.

  1. Der Händler muss wie ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation der Marke eingebunden
  2. und verpflichtet sein, dem Hersteller / Importeur bei Vertragsende den Kundenstock zu überlassen oder diesem die Möglichkeit zu geben, die Kundendaten zu nutzen.
  3. Schließlich darf die (überragende) Höhe der Handelsspanne nicht eine analoge Anwendung des Handelsvertreterrechtes ausschließen.

Die analoge Anwendung des Handelsvertreterrechtes auf KFZ-Vertragshändler durch die Gerichte ist Importeuren seit nunmehr 23 Jahren ein Dorn im Auge und sie versuchen daher über ihre anwaltlichen Vertreter dagegen anzuschreiben respektive Stück um Stück davon abzukappen. Dies ändert freilich nichts daran, dass aus heutiger Sicht kein sachlicher Grund besteht, an dieser Rechtsprechungslinie zu rütteln. Im Gegenteil: Die KFZ-Vertragshändler sind dem Druck der marktmächtigen und marktbeherrschenden Importeure heute mehr ausgeliefert denn ja. Importeure engen die Händler über Standards enorm in ihrer Bewegungsfreiheit ein und Schreiben nicht nur ein Mindestmaß an Werkstattausstattung oder Ausbildung für Mitarbeiter vor sondern definieren exakt, wie der Schauraum oder das Exterieur des Händlers auszusehen hat und wo er die entsprechende Ausstattung zu erwerben hat. Dazu kommen – gerade in der Coronazeit – für viele Händler zu Recht beängstigende Zielvorgaben und Verpflichtungen zum Ankauf von Lager- und Vorführfahrzeugen. Bei all dieser Unterordnung unter diese Vorgaben ist der Händler auch noch dem Importeur als direkten Konkurrenten ausgesetzt, der in Form von eigenen Verkaufsniederlassungen über Tochtergesellschaften oder direkt in Form des Flottengeschäftes oder Internethandels quasi jeden Kunden direkt bedienen darf. In manchen Markenvertriebssystemen ist eine Tendenz erkennbar, den Händler zur bloßen Auslieferungsstelle mit samt Bedienungseinweisung umzufunktionieren.

Es gibt also 2021 keinen Grund daran zu zweifeln, dass Händler noch mindestens so schutzbedürftig sind wie schon 1997. Ein aktuellen (noch nicht rechtskräftiges Urteil des Kartellgerichtes in der Sache Peugeot) bestätigt diese Ansicht. Der Ausgleichsanspruch hat aus all diesen Gründen auch heute noch seine Berechtigung für KFZ-Händler. Daran ändert auch die Datenschutzgrundverordnung nichts. Auch hier gilt das Gegenteil: Importeure verlangen von ihren Händlern – gestützt auf die DSGVO – die Einholung von Zustimmungserklärungen, die Importeur und Hersteller ermöglichen sollen, den Kunden schon laufend direkt werbemäßig bedienen zu können. Als anwaltlicher Vertreter vieler Händler und Händlerverbände habe ich immer dazu geraten, die Vorgaben der Importeursseite zu prüfen, um sicherzustellen, dass der Händler sich nicht überbordenden Forderungen unterwirft.

Rechtsanwalt Ausgleichsanspruch Vertragshändler

Dr. Johannes Öhlböck LL.M. ist Rechtsanwalt in Wien und seit 20 Jahren als Berater und Vertreter für Händler und Händlerverbände vor Gericht tätig.