News

Made in Austria – unlautere Irreführung

Am 02.03.2021 gab es eine Hausdurchsuchung bei Hygiene Austria. Der Vorwurf: Es wurden chinesische Masken umetikettiert und als Masken „Made in Austria“ verkauft. Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb stellt der unrichtige Hinweis auf österreichische Produktion eine irreführende Herkunftstäuschung dar. Doch: Welche Voraussetzungen gelten dafür?

Made in Austria – Ausdrücklich oder durch Bilder / Zeichen

Unrichtige Herkunftsangaben von Produkten wie „Made in Austria“ sind grundsätzlich geeignet, den Verkehr (vor allem Verbraucher) zu täuschen. Der Hinweis auf die geographische Herkunft (national, regional) muss nicht zwingend ausdrücklich erfolgen, da auch mittelbare Herkunftsangaben der Bezug zu einem bestimmten geografischen Raum hergestellt werden kann, etwa durch Bilder, Zeichnungen, Landesfarben, Landesflaggen, Wappen, berühmte Bauten, Trachten oder andere Umstände. Typischerweise betroffen ist aber die Bezeichnung „Made in Austria“, meist in Kombination mit den Farben Rot-Weiss-Rot.

In Österreich ist übrigens niemand gezwungen, die Angabe „Made in Austria“ zu machen. Der Hinweis ist nach dem Gesetz grundsätzlich nicht zwingend erforderlich, sondern erfolgt durch die Unternehmen freiwillig, um dadurch auf das Herstellungsland hinzuweisen. Der Hinweis „Made in Austria“ darf frei verwendet werden, wenn er nicht irreführend ist.

Unlauterer Wettbewerb: Irreführende Herkunftstäuschung sowie Kundentäuschung

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beabsichtigt den Schutz des lauteren Wettbewerbes. § 2 UWG schützt vor Geschäftspraktiken, die irreführend sind. Als irreführend gilt eine Geschäftspraktik, wenn sie unrichtige Angaben enthält oder sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer in Bezug auf das Produkt über einen oder bestimmte Punkte derart zu täuschen, dass er dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Irreführung liegt nach § 2 Abs 1 Z 2 UWG insbesondere vor, wenn unrichtige Angaben über die die wesentlichen Merkmale des Produkts getroffen werden. Darunter fallen auch irreführende Aussagen über die geografische Herkunft von Produkten. Durch entlokalisierende Informationen kann eine Täuschung des Verkehrs ausgeschlossen werden. An die Deutlichkeit und Unübersehbarkeit derselben wird allerdings ein sehr strenger Maßstab angelegt. Darüber hinaus können irreführende Angaben über die Herkunft auch eine unlautere Kundentäuschung nach § 1 UWG darstellen.

Judikatur – Entscheidungen zur Herkunftstäuschung („Made in Austria“)

Ein Unternehmen hat Klaviere wurden als „Eigenmarke“ angepriesen. Tatsächlich lag Auftragsfertigung in China vor. Der OGH hat dazu ausgesprochen, dass der Durchschnittsverbraucher das Prinzip der Arbeitsteilung in der internationalen Wirtschaft kennt. Er versteht die Behauptung der Eigenherstellung als Ankündigung besonderer Qualität. Er wird diese Behauptung auch auf alle oder zumindest den Großteil jener Produktionsschritte beziehen, die für die Qualität des Produkts im konkreten Fall maßgebend sind. Bei der Herstellung eines Klaviers ist das - neben Planung und Materialauswahl - zweifellos auch der für den Klang entscheidende Zusammenbau der einzelnen Teile. (OGH 4 Ob 42/08t, W.-Klaviere)

In einem Fall aus 2008 wurde einem Unternehmen aus Österreich verboten, anzukündigen, dass Rindfleischprodukte erhältlich sind, die ausschließlich, überwiegend oder größtenteils von Regionalproduzenten stammen, wenn sie wahrheitswidrig sind. Dem beklagten Unternehmer wurde vom OGH die Beweislast dafür auferlegt, dass seine Angaben zur Herkunft wahr sind, zumal er ja über seine eigene unternehmerische Tätigkeit Bescheid wissen muss. (OGH 4 Ob 182/15s – regionales Rindfleisch)

Eine Entscheidung aus 2015 betraf einen Fall, in dem Forellenfilets aus italienischer Aquakultur mit dem Hinweis „in Österreich über feinem Buchenrauch geräuchertösterreichischer Familienbetrieb“ verkauft. Der OGH sprach aus, dass es für die Relevanz der Irreführung ausreicht, dass die Bezugnahme auf die geographische Herkunft geeignet ist, einen nicht unerheblichen Teil der Abnehmer bei der Auswahlüberlegung irgendwie zu beeinflussen. Ob die Irreführung im Einzelfall tatsächlich bewirkt wird, ist dabei unerheblich. Die bloße Gefahr einer Täuschunggenügt. (OGH 4 Ob 121/15w - Forellenfilet geräuchert)

Der deutsche BGH hatte 2014 einen Fall zu entscheiden, in dem „KONDOME – Made in Germany“ beworben wurden. Tatsächlich wurden sie im Ausland gefertigt und in Deutschland nur noch kontrolliert und gesiegelt. Er sprach aus, dass der Verkehr bei einem Industrieprodukt eine Herkunftsangabe grundsätzlich auf denjenigen Ort der Herstellung bezieht, an dem es seine für die  Verkehrsvorstellung maßgebende Qualität und charakteristischen Eigenschaften erhält. Die aus Sicht des Verbrauchers wesentlichen Eigenschaften der Dichtigkeit und Reißfestigkeit eines  Kondoms bildeten sich während der Fertigung des Produkts im Ausland heraus.  „Made in ...“, wird als geläufiger Anglizismus für „hergestellt in ...“ und damit üblicherweise auf den Fertigungsprozess in  Deutschland verstanden (BGH I ZR 16/14 – Kondome made in Germany)

Für die Relevanz der Irreführung reicht es schon aus, dass die Bezugnahme auf die geographische Herkunft geeignet ist, einen nicht unerheblichen Teil der umworbenen Abnehmer bei seiner Auswahlüberlegung irgendwie zu beeinflussen. (OGH 4 Ob 347/87, Whisky Saunders aus Österreich)

Ansprüche nach Verletzung von UWG

Verletzungen des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb können vor dem örtlich zuständigen Handelsgericht von Mitbewerbern oder von Vereinigungen zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmern bzw klagslegitimierten Verbänden und Organisationen (Schutzverband gegen den unlauteren Wettbewerb, VKI, Arbeiterkammer, …)  geltend gemacht werden. Folgende Ansprüche sind grundsätzlich denkbar:

  • Unterlassung (samt Verknüpfung mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung)
  • Beseitigung
  • Schadenersatz
  • Urteilsveröffentlichung
  • Kostenersatz (gemessen an einem Streitwert von EUR 43.200,00)

Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt in Fragen des unlauteren Wettbewerbs (UWG) vor österreichischen Gerichten.