News

EuGH verhandelt im Sportrecht zu Datenschutz und Doping

Sportrecht Rechtsanwalt Doping und Datenschutz
Rechtsanwalt EuGH - Datenschutz und Doping
Rechtsanwalt für Sportrecht in Österreich
Sportrecht Doping Datenschutz Dopingsperre Anti-Doping

Der Europäische Gerichtshof hatte sich am 13.05.2025 zu C 474/24 mit Fragen aus dem Sportrecht zu beschäftigen, konkret, ob Dopingvergehen vier ehemaliger von Rechtsanwalt Dr. Öhlböck vertretenen Spitzensportler im Internet für jedermann auf der Website der NADA abrufbar gehalten sein dürfen. Die Prüfung erfolgt am Maßstab der DSGVO. Gegenstand ist, ob Gesundheitsdaten oder Daten über Straftaten vorliegen und die Verarbeitung verhältnismäßig ist.

Bundesverwaltungsgericht - Vorabentscheidungsverfahren 

Das Vorabentscheidungsverfahren basiert auf einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, das den Europäischen Gerichtshof zur Auslegung mehrere Fragen angerufen hat, die es zu beantworten hatte, nachdem vier ehemalige Sportler, die Doping zu verantworten hatten, bei der NADA Löschung ihrer Daten von der Website geltend gemacht haben. In der Verhandlung am 13.05.2025 haben die Parteien des Verfahrens ihre Positionen dargelegt, wobei hier nur die Position der Sportler wiedergegeben ist.

Vorlagethemen

Dreh und Angelpunkt der mündlichen Verhandlung waren im Wesentlichen drei Fragen:

  1. Sind Daten über Dopingvergehen von Sportlern auf der Website der NADA Daten über Strafdaten iSv Art 10 DSGVO?
  2. Handelt es sich dabei (auch) um Gesundheitsdaten und damit besondere Kategorien personenbezogener Daten iSv Art 9 DSGVO?
  3. Ist die Verarbeitung der Daten verhältnismäßig bzw mit Art 6 Abs 3 DSGVO vereinbar?

Sind Dopingsperren als strafrechtliche Sanktionen einzustufen?

Der Begriff der Straftatist unionsrechtlich autonom auszulegen. Die Sanktionen bei Dopingsperren sind vielschichtig. Sie umfassen eine Aberkennung von Titeln und Preisgeldern, mehrjährige bzw. lebenslange Sperre bei Wettkämpfen und das Verbot der Ausübung von Tätigkeiten als Trainer oder Betreuer. Zudem dürfen Sportorganisationen gesperrte Personen nicht beschäftigen. Die Sperre stellt ein Berufsverbot dar. Zudem muss der Betroffene die Kosten des Verfahrens tragen und die Sperre zieht eine Ächtung nach sich. Gerichtliche Strafen, ihre Tilgung und die Einsicht in das Strafregister sind in Österreich gesetzlich geregelt. Sie unterliegen staatlicher Aufsicht. Selbst langjährige Freiheitsstrafen werden nach bestimmter Zeit getilgt. Eine lebenslange Dopingsperre bleibt derzeit ewig abrufbar. Der älteste Betroffene einer lebenslangen Sperre in Österreich ist 68 Jahre alt. Nach der Logik der NADA muss sein Name bis an sein Lebensende auf der Doping-Liste stehen. Ein Verbot der Teilnahme an Sportwettkämpfen wegen eines Dopingverstoßes ist seiner Natur nach strafrechtlich. Zweck der Sanktion ist die Bestrafung des Sportlers und die Erzeugung abschreckender Wirkung. Die Sanktion zielt nicht darauf ab, lediglich einen entstandenen Schaden auszugleichen. Eine Dopingsperre ist eine Maßnahme mit gänzlich gleicher Wirkung wie eine gerichtliche Strafe. Dopingsperren unterliegen den Vorschriften des Art. 10 DSGVO und müssen datenschutzrechtlich ebenso behandelt werden wie gerichtliche Strafen.

In Österreich existiert für die Evidenthaltung strafgerichtlicher Verurteilungen ein Strafregister. Die Führung des Strafregisters obliegt der Landespolizeidirektion Wien als Verantwortliche im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung. Im Strafregister sind rechtskräftigen Verurteilungen inländischer Strafgerichte aufzunehmen. Das Strafregistergesetz sieht Regelungen über die Aufbewahrung und Löschung von Strafregisterdaten vor. Dopingsperren oder Dopingstrafen werden vom Strafregistergesetz nicht erfasst. Nach dem Anti-Doping-Bundesgesetz ist keine staatliche Behörde vorgesehen, die eine Aufsicht im Sinne von Art 10 DSGVO ausübt. Eine derartige Aufsichtsbehörde für die Evidenthaltung von Dopingsperren und Dopingstrafen existiert in Österreich derzeit nicht.

Sind Daten über Dopingvergehen Gesundheitsdaten iSv Art 9 DSGVO?

Der Begriff der Gesundheitsdaten im Sinne von Art 9 DSGVO ist weit. Zu C 21/23 (Lindenapotheke), hat der Gerichtshof entschieden, dass der Verkauf von nicht verschreibungspflichtigen, aber apothekenpflichtigen Arzneimitteln die Verarbeitung von Gesundheitsdaten beinhaltet. Nach Sicht der Antragsteller stellt allein der Umstand, gedopt wurde, ein Gesundheitsdatum dar. 

Verhältnismäßigkeit – Vereinbarkeit mit Art 6 Abs 3 DSGVO

Bei der Frage nach der Verhältnismäßigkeit wird geprüft, ob eine Maßnahme gerechtfertigt ist, die in Grund- und Freiheitsrechte eingreift. Es wird nach Zweck, Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit gefragt. Warum? Es soll sichergestellt werden, dass die Beeinträchtigung des Grundrechts angemessen ist, und keine mildere Alternative zur Verfügung steht. Legitimer Zweck und Eignung sind aus Sicht der Sportler im konkreten Fall vorhanden. Bei den beiden anderen Kriterien ist das nicht der Fall. 

Die NADA in Deutschland hat die Veröffentlichung im Internet nach einer Entscheidung des Landesdatenschutzbeauftragten für NRW im Jahr 2023 eingestellt. Seither erfolgt die Veröffentlichung von Dopingstrafen intern und nicht mehr für jedermann abrufbar. Das Beispiel Deutschland zeigt, dass auch diese Methode geeignet ist, die beteiligten Verkehrskreise zu informieren. Eine weitere Alternative bestünde darin, die Veröffentlichung in einer Datenbank im Internet durchzuführen, auf die man nur mit Benutzername und Passwort gelangt. All dies wäre ein gelinderes Mittel als die für jedermann sichtbare Veröffentlichung, die in Zeiten der Suchmaschinen große Bedeutung hat, da man durch Eingabe von Vorname und Nachname des Sportlers sofort an die Information gelangt. 

Zudem wird Grundsatz der Datenminimierung iSd Art 5 Abs 1 lit c DSGVO nicht berücksichtigt und es existieren keine Löschfristen für Sperren, was sich vor allem an der lebenslangen Sperre zeigt. Der Zweck der präventiven Abschreckung vor Doping wird durch die drohende Verhängung abschreckender Sanktionen erreicht. Der Pranger der Öffentlichkeit ist nicht notwendig. Die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten stellt ein reines „Zur-Schau“-Stellen dar und ist mit Art. 6 Abs 3 DSVGO nicht vereinbar. 

Schlussanträge des Generalanwaltes und Entscheidung des EuGH

Der Generalanwalt hat seine Schlussanträge für 25.09.2025 angekündigt. Mit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache NADA zu Datenschutz und Doping (Sportrecht) ist nicht vor Mai 2026 zu rechnen.

Rechtsanwalt Sportrecht

Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt in allen Rechtsfragen im Sportrecht.