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BGH – Klarstellung bei Kennzeichnung von Werbung für Influencer

Der BGH hat am 09.09.2021 in drei Verfahren über die Frage entschieden, ob Influencerinnen Instagram-Beiträge als Werbung kennzeichnen müssen. Die drei Frauen wurden von einem Wettbewerbsverband wegen unzulässiger Schleichwerbung geklagt. Die Urteile brachten Klarstellungen bei der Kennzeichnung von Werbung auf Instagram und gaben den Frauen in zwei Fällen Recht.

Verband Sozialer Wettbewerb beanstandet unzulässige Schleichwerbung mit Klage

In allen drei Verfahren wurden die Instagram-Influencerinnen von einem Verein geklagt, der nach seiner Satzung zur Wahrung von Mitgliederinteressen Verstöße gegen das Lauterkeitsrecht verfolgt. Die Beklagten haben auf Instagram Bilder veröffentlicht und mit kurzen Begleittexten versehen. In einige Bilder wurden Tap Tags eingefügt, die beim Anklicken von auf den Bildern zu sehenden Produkten wie etwa Bekleidung erscheinen und die Firmen oder Marken der Hersteller oder Anbieter dieser Produkte nennen. Tag Tags sind anklickbare Bereiche innerhalb der Bilder. Klickt man darauf, gelangt man zu dem damit verlinkten Profil (Hersteller, Händler, Produktanbieter). Aus Sicht des Klägers liegt darin ein Verstoß gegen UWG und unzulässige Schleichwerbung.

Influencer I: Luisa-Maxime Huss - Sportübungen, Fitness und Ernährung, Raspberry Jam (I ZR 90/20)

Die Influencerin erstellte Bildbeiträge und Videobeiträge zu Sportübungen und gab Fitnessratschläge und Ernährungstipps. Sie arbeitet als Personaltrainerin (Fitnesskurse) und betreibt einen Online-Shop. In ihrem Instagram-Profil wird auf ihre Website hingewiesen und eine App, die ihren Profilnamen trägt. In einem Fall hat die Instagrammerin eingeräumt, dass eine es Kooperation mit dem verlinkten Unternehmen gab. Dazu wurde folgender Text verwendet: Heute konnte ich zumindest der lieben @[…] eine Freude bereiten und sie erhält unter anderem die ganze neue Raspberry Jam (Himbeer Marmelade) von […] (*Werbung: gibt's ab morgen neu im Shop).

Die Influencerin wurde in erster und zweiter Instanz verurteilt und hat sich dagegen an den BGH gewendet. Dieser hat die Revision der Frau mit dem Argument zurückgewiesen, dass ihre Beiträge auf Instagram geschäftliche Handlungen im Sinne des UWG zugunsten ihres Unternehmens sowie des fremden Unternehmens sind, von dem sie eine Gegenleistung für den Beitrag zur Raspberry Jam erhalten hat. Dieser Beitrag war nicht hinreichend deutlich als Werbung gekennzeichnet. Dies rechtfertigt das beantragte Verbot.

Influencer, die mittels eines sozialen Mediums wie Instagram Waren vertreiben, Dienstleistungen anbieten oder das eigene Imagevermarkten, betreiben ein Unternehmen. Die Veröffentlichung von Beiträgen auf Instagram ist geeignet, ihre Bekanntheit und ihren Werbewert zu steigern und damit ihr eigenes Unternehmen zu fördern. Eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens stellt die Veröffentlichung eines Beitrags - abgesehen vom vorliegenden Fall mit Gegenleistung - allerdings nur dar, wenn dieser Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, etwa weil er ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlässt. Allein der Umstand, dass Bilder, auf denen das Produkt abgebildet ist, mit „Tap Tags“ versehen sind, reichtfür die Annahme eines solchen werblichen Überschussesnicht aus. Bei einer Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts liegt dagegen regelmäßig ein werblicher Überschuss vor. Die Prüfung, ob ein Beitrag übertrieben werblich ist, bedarf der umfassenden Würdigung durch das Tatgericht, an der es im Streitfall hinsichtlich der weiteren Beiträge, für deren Veröffentlichung eine Gegenleistung nicht festgestellt ist, fehlt.

Der die "Raspberry Jam" betreffende Beitrag, für den die Beklagte eine Gegenleistung des Herstellers erhalten hat, verstößt gegen § 5a Abs. 6 UWG, weil der kommerzielle Zweck dieses Beitrags, den Absatz von Produkten dieses Herstellers zu fördern, nichthinreichend kenntlich gemacht ist und sich auch nicht aus den Umständen ergibt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Verbraucher erkennen, dass die Beklagte mit der Veröffentlichung von Beiträgen auf ihrem Instagram-Profil zugunsten ihres eigenen Unternehmens handelt. Für die Verbraucher muss gerade der Zweck eines Beitrags, ein fremdes Unternehmen zu fördern, erkennbar sein. Das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks eines solchen mit "Tap Tags" und Verlinkungen versehenen Beitrags ist regelmäßig geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung - dem Anklicken des auf das Instagram-Profil des Herstellers führenden Links - zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Darüber hinaus verstößt der Beitrag zur "Raspberry Jam" gegen § 3a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG sowie § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV, weil die darin liegende kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung nicht klar als solche zu erkennen ist.

Das Fehlen von Feststellungen zum werblichen Überschuss der übrigen Beiträge wirkt sich auf den Bestand des Berufungsurteils nicht aus, weil die unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform - das Instagram Profil der Beklagten - geltend gemachten Ansprüche schon im Blick auf die geschäftliche Handlung der Beklagten zugunsten des Unternehmens begründet sind, das für die Veröffentlichung des Beitrags zur "Raspberry Jam" eine Gegenleistung erbracht hat.

Influencer II: Leonie Hanne - Beauty, Mode, Lifestyle und Reisen (I ZR 125/20)

Der zweite Fall betrifft eine Influencerin auf Instagram mit einem überwiegend kommerziellen (verifizierten; blauer Haken) Account und 1,7 Mio Followern. Die Betreiberin des Accounts publiziert Fotos und Texten zu den Themen Beauty, Mode, Lifestyle und Reisen. Sie hat die angegriffenen Posts unstreitig nicht als Werbung gekennzeichnet, in erster Instanz verloren und in zweiter Instanz gewonnen. Dagegen richtete sich die Revision des klagenden Verbandes, der der Influencerin Recht gab.

Aus Sicht des BGH stellen die beanstandeten Beiträge geschäftliche Handlungen der Beklagten dar. Soweit diese geschäftlichen Handlungen zugunsten des eigenen Unternehmens erfolgten, liegt kein Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG vor, weil sich dieser kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergibt. Soweit die Influencerin zugunsten anderer Unternehmen gehandelt hat, kann gleichfalls keine Rechtsverletzung angenommen werden. Grund: Bei absatzfördernden Äußerungen in Telemedien muss zwar kommerzielle Kommunikation / Werbung klar als solche erkennbar sein, allerdings stellen die beanstandeten Beiträge aber mangels Gegenleistung eines Dritten keine kommerzielle Kommunikation/ Werbung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV dar. Dabei handelt es sich um bereichsspezifische Spezialvorschriften, die den Anwendungsbereich der allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Bestimmung des § 5a Abs. 6 UWG einschränken. Die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen Nr. 11 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG liegen nicht vor, weil es an einer Finanzierung der beanstandeten Beiträge durch Dritte fehlt.

Influencer III: Cathy Hummels - Mode, Leben als Mutter eines Kleinkinds, Yoga, Reisen (I ZR 126/20)

Der dritte Fall betrifft Cathy Hummels, die Frau von Fussballer Mats Hummels. Sie postet auf Instagram zu den Themen Mode, Leben als Mutter eines Kleinkinds, Yoga oder Reisen. Beiträge, für die sie bezahlt wird, kennzeichnet sie mit dem Hinweis„bezahlte Partnerschaft". Die streitgegenständlichen Beiträge zeigten einen blauen Plüschelefanten, ohne dessen Hersteller mithilfe von Tags zu verlinken. Die Klage scheiterte in erster und zweiter Instanz. Der BGH hat nun auch die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Der BGH sieht in den beanstandeten Beiträgen zwar geschäftliche Handlungen der Beklagten zugunsten des eigenenUnternehmens und kann ein geschäftliches Handeln zugunsten fremder Unternehmen nicht ausschließen. Soweit die geschäftlichen Handlungen zugunsten des eigenen Unternehmens der Beklagten erfolgten, liegt jedoch kein Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG vor, weil sich dieser kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergibt. Hinsichtlich geschäftlicher Handlungen zugunsten fremder Unternehmen scheidet die Annahme eines Verstoßes gegen § 5a Abs. 6 UWG aus, weil die Beklagte für die beanstandeten Beiträge keine Gegenleistung erhalten hat und diese Beiträge daher den vorrangigen Spezialvorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV genügen. Ein Verstoß gegen Nr. 11 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG liegt danach ebenfalls nicht vor.

Fazit: Was sollten Influencer wissen?

Die Entscheidung des BGH bringt für Influencer Klarheit in manchen Bereichen. Folgendes sollten Influencer auf Instagram und Co berücksichtigen:

  • Influencer, die mittels eines sozialen Mediums wie Instagram Warenvertreiben, Dienstleistungenanbieten oder das eigeneImagevermarkten, betreiben ein Unternehmen (I ZR 90/20).
  • Beiträge auf Instagram für die eine Influencerin oder Influencer eine Gegenleistung (Geld, Ware, Dienstleistung, sonstige Vergünstigung) erhält, sind hinreichend deutlich als Werbung zu kennzeichnensoferne er sich nichtunmittelbar aus den Umständen ergibt (I ZR 90/20).
  • Eigenwerbung (Werbung zugunsten des eigenen Unternehmens) bei der sich kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergibt, muss nichtgekennzeichnet werden (I ZR 125/20).
  • Eine geschäftlicheHandlungzugunsten eines fremdenUnternehmens liegt vor, wenn ein Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, etwa weil er ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlässt. Allein der Umstand, dass Bilder, auf denen das Produkt abgebildet ist, mit „Tap Tags“ versehen sind, reichtfür die Annahme eines solchen werblichen Überschussesnicht aus. Bei einer Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts liegt regelmäßig ein werblicher Überschuss vor. Die Prüfung, ob ein Beitrag übertrieben werblich ist, muss im Einzelfall zu erfolgen (I ZR 90/20).