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2021: Exekutionsrecht und Insolvenzrecht NEU

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Mit 01. Juli 2021 ist eine Gesamtreform des Exekutionsrechts in Kraft getreten. Ziel ist die Steigerung der Effizienz des Exekutionsverfahrens. Daneben wurden auch einige Bestimmungen der Insolvenzordnung abgeändert bzw. in die Insolvenzordnung eingefügt. Für Schuldner besteht die Chance sich nunmehr in 3 statt 5 Jahren zu entschulden.

Basis der Exekution - Exekutionstitel (Zahlungsbefehl)

Basis jeder Exekution ist ein rechtskräftiger Titel. In der Regel ist dies ein Zahlungsbefehl, der ergeht, wenn eine Mahnklage nicht beeinsprucht wird. 2020 wurden nach Auskunft des Justizministeriums 310.509 Mahnklagen vor Zivilgerichten in Österreich eingebracht. In 9,94 % der Fälle (30892) wurde Einspruch erhoben. In den Jahren davor stellte sich dies dar wie folgt:

  • 2019: 368.055 Mahnklagen – davon 9,13 % (33627) beeinsprucht
  • 2018: 362.324 Mahnklagen – davon 8,97 % (32.506) beeinsprucht
  • 2017: 362.361 Mahnklagen – davon 9,23 % (33.481) beeinsprucht

Die Zahlen der Mahnklagen haben sich damit – wohl coronabedingt – 2020 reduziert, die Quote der Einsprüche bliebt allerdings im Wesentlichen unverändert.

Exekutionsrecht NEU 2021

Die Steigerung der Effizienz des Exekutionsverfahrens soll durch die Einführung eines Exekutionspakets (§ 19 EO) zur Hereinbringung von Geldforderungen bewirkt werden. Das Exekutionspaket umfasst

  • Exekution auf bewegliche Sachen und Papiere (Fahrnisexekution
  • Exekution auf vom betreibenden Gläubiger genannte wiederkehrende beschränkt pfändbare Geldforderungen (Gehaltsexekution)
  • Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses.

Ein darüber hinausgehendes erweitertes Exekutionspaket (§ 20 EO) bewirkt, dass ein Verwalter zu bestellen ist. Der Exekutionsverwalter hat unter Zuziehung der verpflichteten Partei unverzüglich pfändbare Vermögensobjekte zu ermitteln, ein Inventar aufzunehmen sowie jene Vermögensobjekte zu pfänden, die zur Deckung der hereinzubringenden Forderung erforderlich sind. Zudem kann er die verpflichtete Partei zur Abgabe eines Vermögensverzeichnisses auffordern.

Zu hat das Vollstreckungsorgan hat mit der Vollziehung der Exekutionshandlungen innezuhalten (§ 49a EO), wenn sich herausstellen sollte, dass die verpflichtete Partei offenkundig zahlungsunfähig ist. Das Exekutionsgericht hat dies nach Einvernahme der Parteien mit Beschluss festzustellen und die offenkundige Zahlungsunfähigkeit nach Eintritt der Rechtskraft öffentlich bekanntzumachen. Sämtliche Exekutionsverfahren ruhen dann vorerst. Die betroffenen Gläubiger haben die Möglichkeit, die Einleitung eines Schuldenregulierungsverfahrens (Insolvenz) zu beantragen. Das Exekutionsverfahren kann allerdings mit Antrag fortgesetzt werden, wenn

  • nachgewiesen wird, dass keine Zahlungsunfähigkeit mehr vorliegt,
  • das Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Zahlungsunfähigkeit oder mangels kostendeckenden Vermögens gegen die verpflichtete Partei abgewiesen hat, oder
  • ein über das Vermögen der verpflichteten Partei eröffnetes Insolvenzverfahren aufgehoben wurde.

Dadurch soll eine offenkundige Zahlungsunfähigkeit bereits im Exekutionsverfahren wahrgenommen und weiterer aussichtsloser Exekutionsverfahren vermieden werden. Bei Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit sollen Forderungen nicht mehr in einem Exekutions-, sondern in einem Insolvenzverfahren hereingebracht werden, in welchem zudem eine gleichmäßige Verteilung erfolgen soll. Dadurch sollen Anfechtungsprozesse vermieden werden. Für den Schuldner hat ein Insolvenzverfahren den Vorteil eines Zinsen- und Kostenstopps.

Zur Bewilligung und zum Vollzug der Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung auf das bewegliche Vermögen, ist in der Regel das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel die verpflichtete Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat.

Insolvenzrecht NEU 2021

Durch den oben aufgezeigten Abbruch des Exekutionsverfahrens nach Feststellung der offenkundigen Zahlungsunfähigkeit obliegt es zukünftig den Gläubigern einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Dazu wird ein neues Insolvenzverfahren als fortgesetztes Exekutionsverfahren in der Insolvenzordnung geschaffen, das Gesamtvollstreckung genannt wird (§ 184a IO).

Es wird vom Justizministerium erwartet, dass die Initiative zur Insolvenzantragstellung von den Gläubigern ausgehen soll. Die gesetzliche Verpflichtung des Schuldners, einen Eigenantrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen, bleibt dabei aufrecht.  Das neue Insolvenzverfahren „Gesamtvollstreckung“ ist ein Unterfall des Schuldenregulierungsverfahrens (Privatkonkurs), das über Antrag eines Gläubigers eröffnet wird. Es liegen daher noch keine Entschuldungsanträge (Sanierungsplan, Zahlungsplan, Abschöpfungsverfahren bzw. zukünftig Tilgungs- oder Abschöpfungsplan) des Schuldners vor. Da es sich um ein Insolvenzverfahren handelt, haben die Gläubiger ihre Forderungen anzumelden und nur angemeldete und anerkannte Forderungen nehmen an einer Verteilung teil.

Zudem ist vorgesehen, dass die Frist für eine Entschuldung in vollem Umfang ab 17.07.2021 höchstens drei Jahre (antstatt davor 5) betragen soll (§ 199 Abs 2 IO). Durch eine weitere beabsichtigte (noch nicht geltende) Änderung im Insolvenzrecht soll im neuen § 201 IO vorgesehen werden, dass dem Schuldner ein verkürztes dreijähriges Abschöpfungsverfahren (Tilgungsplan) nicht offensteht, wenn der Schuldner nicht selbst binnen 30 Tagen nach Feststellung der offenkundigen Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt hat. Betreibt der Schuldner kein Unternehmen, darf er binnen dieser 30 Tage keine neuen Schulden eingehen und muss Maßnahmen zur Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit ergriffen haben, z.B. einen Beratungstermin bei einer Schuldnerberatungsstelle wahrgenommen oder vereinbart haben, um seine finanziellen Belange zu regeln.

Das Justizministerium rechnet  damit, dass wegen des Abbruchs der Exekution 5% aller Exekutionsverfahren wegfallen, das wären 37.500 Exekutionsanträge, die rund 5.000 Verpflichtete betreffen würden. Auf der anderen Seite wird eine Steigerung die Schuldenregulierungsverfahren erwartet und zwar geschätzt um 1.000 Verfahren, resultierend aus Gläubigeranträgen.

offene Forderung - Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt Sie, wenn es um die Geltendmachung einer offenen Forderung mit Mahnklage (Erwirkung Zahlungsbefehl) geht. Er wird für Sie zudem zur Durchsetzung einer rechtskräftig titulierten Forderung im Exekutionsverfahren und im Insolvenzverfahren tätig.