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Heimopferrentengesetz Novelle

Diskussion im Parlament: Novellierung Heimopferrentgesetz
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Am 29.05.2018 fand im Parlament ein Hearing zur Novellierung des Heimopferrentengesetzes statt. Als eingeladene Auskunftsperson durfte ich Vorschläge zur Änderung des Gesetzes und zum Umgang mit ehemaligen Heimkindern und Opfern der Malariatherapie unterbreiten. In meiner Stellungnahme habe ich Folgendes angesprochen:

Mißbrauch in Heimen

Kinder wurden ihren Eltern abgenommen und in Heime von Bund, Stadt, Land und Kirche gesteckt. In den Heimen wurden sie gequält, man kann auch sagen, gefoltert. Sie wurden psychisch tyrannisiert, am Körper verletzt, vergewaltigt, sexuell missbraucht und ausgebeutet.

Seit 2011 begleite ich Opfer des Missbrauchs in österreichischen Heimen pro bono und habe über 150 Gespräche mit ihnen geführt. Ich habe sie in Verfahren vor Österreichischen Gerichten und Behörden vertreten und auch den Weg vor den EGMR angetreten. Die Gerichtsverfahren scheiterten aus einem Grund. Die belangten Heimträger haben Verjährung eingewendet.

Am 17. November 2016 fand im Parlament eine in Österreich noch nie dagewesene Entschuldigungszeremonie statt. Der Geste der Verantwortung folgte das Heimopferrentengesetz, das nun novelliert werden soll.

Österreich hat einen Weg beschritten, den ich am 18.12.2012 vor dem Parlament im Zuge einer Gedenkkundgebung der Betroffenen der kirchlichen und staatlichen Befürsorgung angesprochen habe.

Malariatherapie

Ehemalige Heimkinder mussten zudem in den 1950er und 1960er Jahren fragwürdige „Malariatherapien“ über sich ergehen lassen. Sie wurden in der Klinik Hoff für zweifelhafte Therapien und Versuche mit Malariainfiziert. Entschuldigung und Entschädigung stehen aus. 2012 habe ich eine Untersuchung gefordert. MedUni Wien und Stadt Wien haben eine Historikerkommission unter Leitung von Gernot Heiss eingesetzt. Heiss stellte 2015 einen Persilschein aus. Daraufhin hagelte es berechtigte Kritik.

In der Sache der Heimopfer ist Österreich einen bemerkenswerten Weg gegangen. Die 772 Opfer der „Malariatherapie“, wie man die „Behandlungsmethode“ damals nannte, haben bis heute keine Entschädigung erhalten. Auch eine Entschuldigung fehlt. Auch ihre Ansprüche tat man mit dem formalen Argument der Verjährung ab.

§ 15k VOG streichen

Mit dem Heimopferrentengesetz wurde die Möglichkeit gekappt, Entschädigung nach dem Verbrechensopfergesetz zu beantragen. Man hat damit die Gießkanne der „Individualgerechtigkeit“ vorgezogen. So sehen das zumindest viele der Betroffenen. Konkret geht es um § 15k VOG. Politische Machbarkeiten haben mich als Anwalt noch nie beschäftigt. Ich weiß nur, dass viele meiner Mandanten das, mE zu Recht, als Beschneidung ihrer zuvor bestanden habenden Rechte sehen.

Was kann das Parlament im Zuge der Novellierung des HOG tun:

  1. Einbindung der Malariaopfer in das HOG unter Berücksichtigung dass diese durch die Heimerziehung und die Malariakur doppelt zu Opfern wurden und demnach keine Zahlung erhalten würden, wenn Sie schon Zahlung als Heimopfer erhalten.
  2. Ersatzlose Streichung von § 15k VOG und Schaffung der Möglichkeit für Heimopfer, auch Anträge nach dem VOG zu stellen (unter Anrechnung von Ansprüchen nach dem HOG).
  3. Schaffung der Möglichkeit von Feststellungsbescheiden, um heute schon klarzustellen, dass eine Heimopferrente dem Grunde nach zusteht.
  4. Streichung der Pflicht zur Begründung, weshalb ein Antrag so spät gestellt wird bzw Beschränkung auf nachvollziehbare Gründe.

Was ist darüber hinaus zu tun:

Mit der Novellierung des Heimopferrentengesetzes ist es nicht getan. Folgende Punkte stehen noch an:

  1. Untersuchung der Malariatherapie durch unbefangene Stelle unter Anhörung der Opfer
  2. Untersuchung der restlichen Heime samt Einrichtung einer Dokumentationsstelle
  3. Entschuldigung bei den Opfern der Malariatherapie auf Augenhöhe
  4. Abschaffung zivilrechtlicher und strafrechtlicher Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger